Watchful Waiting – Wann Abwarten die richtige Entscheidung ist
Ein Überblick von Prof. Dr. Martin Schostak
Guten Tag, mein Name ist Prof. Dr. Martin Schostak, ärztlicher Leiter der LOGICURO GmbH. In diesem Beitrag möchte ich über eine wichtige Behandlungsstrategie bei Prostatakrebs sprechen: das sogenannte „Watchful Waiting“, also das abwartende Verhalten.
Prostatakrebs ist eine sehr häufige Erkrankung. Statistisch gesehen haben etwa vier von fünf 80-jährigen Männern einen Prostatakrebs – ohne es zu wissen. Denn häufig wächst der Tumor sehr langsam. Es gibt zwar auch aggressive Varianten, aber nicht jeder Patient benötigt sofort eine aktive Therapie wie eine Operation oder Bestrahlung.
Gerade bei älteren Männern kann es sinnvoll sein, zunächst einfach abzuwarten. Die Idee dahinter ist nicht neu: „Gefahr erkannt – Gefahr gebannt“ gilt seit Langem. Doch erst in den letzten Jahrzehnten wurde diese Strategie unter dem Begriff „Watchful Waiting“ auch medizinisch etabliert.
Wichtig ist die Unterscheidung:
Watchful Waiting bedeutet, dass bei älteren Männern mit begrenzter Lebenserwartung bewusst keine aktive Therapie eingeleitet wird – aber auch keine engmaschige Überwachung erfolgt. Es wird nicht regelmäßig untersucht, keine PSA-Kontrollen oder Bildgebung durchgeführt. Stattdessen greift man nur dann ein, wenn der Patient Beschwerden entwickelt.
Active Surveillance, also die aktive Überwachung, ist etwas anderes. Sie richtet sich an jüngere, gesunde Männer mit einem wenig aggressiven Tumor. Hier wird engmaschig kontrolliert – durch PSA-Messungen, bildgebende Verfahren und gegebenenfalls auch erneute Biopsien. Ziel ist es, eine unnötige Behandlung zu vermeiden, ohne die Sicherheit zu gefährden. Sobald sich der Tumor ungünstig entwickelt, kann rechtzeitig eine aktive Therapie erfolgen.
Diese Form der individualisierten Therapie hat zwei große Vorteile:
Zum einen erhält der Patient seine natürliche Lebenserwartung zurück, da ein gefährlicher Krebs frühzeitig erkannt und behandelt wird. Zum anderen bleibt ihm eine belastende Behandlung möglicherweise viele Jahre erspart – bei gleichbleibend hoher Lebensqualität.
Durch die Integration dieser Strategien in nationale und internationale Leitlinien können wir heute Tausende überflüssiger Operationen vermeiden – und so vielen Männern helfen, im richtigen Moment und nicht zu früh behandelt zu werden.
Über den Autor: Prof. Dr. Martin Schostak
Prof. Dr. med. Martin Schostak ist als ärztlicher Leiter und Geschäftsführer der LOGICURO-GmbH. Er ist Urologe mit umfassender Erfahrung im Bereich komplexer chirurgischer Eingriffe, fokaler Therapie sowie medikamentöser Tumortherapie. Als langjähriger Direktor der urologischen Klinik des Universitätsklinikums Magdeburg ist sein Anspruch, die Behandlungsmöglichkeiten immer auf den aktuellsten Stand der medizinischen Forschung abzustimmen.
