Lymphadenektomie bei Prostatakrebs – Wann ist sie wirklich notwendig?
Ein Überblick von Prof. Dr. Martin Schostak
Guten Tag, mein Name ist Prof. Dr. Martin Schostak. Ich bin ärztlicher Leiter der LOGICURO GmbH. In diesem Beitrag geht es um eine oft diskutierte Frage im Rahmen der radikalen Prostatektomie: Wann ist eine Lymphadenektomie sinnvoll – und wann kann man darauf verzichten?
Die Entfernung von Lymphknoten, also die pelvine Lymphadenektomie, ist fester Bestandteil vieler urologischer Tumoroperationen. Doch sie ist nicht bei jedem Patienten automatisch notwendig. Entscheidend ist eine individuelle Risikoabschätzung, die wir heute mithilfe validierter Nomogramme sehr zuverlässig vornehmen können.
Welche Risikomodelle verwenden wir?
In der täglichen Praxis kommen vor allem das Briganti-Nomogramm und das MSKCC-Nomogramm (Memorial Sloan Kettering) zum Einsatz. Sie basieren auf klinischen Parametern wie PSA-Wert, Biopsiebefund und Tumorstadium – und berechnen daraus die Wahrscheinlichkeit für Lymphknotenmetastasen.
Der 5 %-Schwellenwert
Ein etablierter Grenzwert liegt bei 5 % Risiko:
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Liegt das Risiko darüber, empfehlen wir die Durchführung einer pelvinen Lymphadenektomie.
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Liegt es darunter, verzichten wir meist bewusst auf diesen Schritt, um Operationszeit, Komplikationsrisiken und Erholungsdauer gering zu halten.
Warum ist die Lymphadenektomie bei höherem Risiko sinnvoll?
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Diagnostischer Mehrwert:
Versteckte Lymphknotenmetastasen lassen sich nur durch Entnahme und feingewebliche Untersuchung sicher erkennen. -
Potentieller therapeutischer Nutzen:
Einige Daten deuten darauf hin, dass das frühzeitige Entfernen von befallenen Lymphknoten einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben kann – auch wenn dies weiterhin Gegenstand der Forschung ist. -
Sichere Durchführung:
Die robotisch oder laparoskopisch durchgeführte Lymphadenektomie ist heute ein sehr sicheres Verfahren, das nur selten zu Komplikationen wie Lymphozelen oder Gefäßverletzungen führt. -
Besseres Therapiemanagement:
Ohne genaue Kenntnis des Lymphknotenstatus besteht die Gefahr einer Untertherapie – was die Nachsorge und das gesamte onkologische Management erschwert.
Fazit
Die Entscheidung für oder gegen eine Lymphadenektomie sollte nicht pauschal, sondern datenbasiert getroffen werden. Bei einem Risiko über 5 % ist die Lymphknotenentfernung aus meiner Sicht indiziert – bei einem Risiko unter 5 % dagegen verzichtbar, um unnötige Belastungen zu vermeiden.
Über den Autor: Prof. Dr. Martin Schostak
Prof. Dr. med. Martin Schostak ist als ärztlicher Leiter und Geschäftsführer der LOGICURO-GmbH. Er ist Urologe mit umfassender Erfahrung im Bereich komplexer chirurgischer Eingriffe, fokaler Therapie sowie medikamentöser Tumortherapie. Als langjähriger Direktor der urologischen Klinik des Universitätsklinikums Magdeburg ist sein Anspruch, die Behandlungsmöglichkeiten immer auf den aktuellsten Stand der medizinischen Forschung abzustimmen.
