Von Published On: 1. Februar 2025Kategorien: Patienteninformationen

Seit vielen Jahrzehnten gilt das Motto: „Früh erkannt, Gefahr gebannt!“ – doch ist das wirklich immer der beste Weg? Prostatakrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen bei Männern, doch nicht jede Diagnose erfordert eine sofortige Behandlung. Dank moderner Forschung wissen wir heute, dass es sichere Alternativen zur Operation oder Bestrahlung gibt – insbesondere die sogenannte „aktive Überwachung“ (Active Surveillance, AS). Doch warum wird diese Methode in Deutschland noch zu wenig genutzt?

Zwei Wege der Zurückhaltung: Watchful Waiting und Active Surveillance

Nicht jede Form von Prostatakrebs entwickelt sich aggressiv. Gerade bei älteren Männern kann die Krankheit oft so langsam wachsen, dass sie keine ernsthafte Bedrohung darstellt. Hier kommen zwei Strategien ins Spiel:

  1. Watchful Waiting (WW): Diese Methode richtet sich an ältere Männer mit geringer Lebenserwartung und nicht-aggressivem Tumor. Hier geht es primär um die Behandlung von Symptomen, falls sie auftreten, und nicht um regelmäßige Kontrollen oder invasive Diagnostik.
  2. Active Surveillance (AS): Diese Strategie ist für Männer mit einem niedrig aggressiven Tumor gedacht. Statt sofortiger Behandlung wird der Krebs regelmäßig überwacht – mit PSA-Tests, Bildgebung und gelegentlichen Biopsien. Erst wenn sich Anzeichen für ein Fortschreiten der Krankheit zeigen, wird eine Therapie eingeleitet.

Studien belegen die Sicherheit von Active Surveillance

Der PROTECT-Trial – eine große Studie mit über 15 Jahren Nachbeobachtung – zeigte, dass die Überlebensraten bei Active Surveillance, Operation und Strahlentherapie nahezu identisch sind. Doch die AS-Gruppe hatte im Vergleich die beste Lebensqualität: weniger Nebenwirkungen, weniger Einschränkungen im Sexualleben und eine bessere Kontinenz.

Warum wird Active Surveillance in Deutschland kaum genutzt?

Trotz dieser Vorteile wird AS hierzulande zu wenig angewendet. Woran liegt das?

  • Mangelnde Aufklärung: Viele Patienten und Ärzte sind sich der Möglichkeit der Überwachung nicht bewusst oder vertrauen nach wie vor auf sofortige Behandlungen.
  • Unzureichende Vergütung: Die ausführlichen Gespräche und die notwendige Diagnostik (z. B. multiparametrische MRTs) sind aufwendig und werden nicht immer von den Krankenkassen übernommen.
  • Psychologischer Druck: Viele Männer haben Angst, mit einem „unbehandelten“ Krebs zu leben, auch wenn dieser keine unmittelbare Gefahr darstellt.

Fazit: Mehr Bewusstsein für Active Surveillance schaffen

Die moderne Medizin erlaubt es uns, Behandlungen individueller und schonender zu gestalten. Active Surveillance bietet vielen Männern die Chance, ihre Lebensqualität zu bewahren und unnötige Nebenwirkungen zu vermeiden. Es ist an der Zeit, dass diese Methode in Deutschland stärker etabliert wird – durch bessere Aufklärung, angepasste Leitlinien und eine Übernahme der notwendigen Diagnostik durch die Krankenkassen.

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Über den Autor: Prof. Dr. Martin Schostak

Prof. Dr. med. Martin Schostak ist als wissenschaftlicher und medizinischer Leiter von LOGICURO Urologe mit umfassender Erfahrung im Bereich komplexer chirurgischer Eingriffe, fokaler Therapie sowie medikamentöser Tumortherapie. Als langjähriger Direktor der urologischen Klinik des Universitätsklinikums Magdeburg ist sein Anspruch, die Behandlungsmöglichkeiten immer auf den aktuellsten Stand der medizinischen Forschung abzustimmen.